Ein Unternehmen ist schnell gewachsen und hat wenig Fokus auf Prozesse gelegt. Nun hat es Schwierigkeiten, zuverlässige Umsatzprognosen zu treffen. Ein gutes Objective wäre: “Wir haben eine zuverlässige Umsatzprognose für die kommenden vier Quartale.” Key Results: Ein wöchentliches Forecast-Meeting mit allen Projektmanagern ist etabliert. 100 % der Projekte werden im neuen Excel-Tracking-Tool erfasst. Alle Projektmanager sind in einem 2-tägigen Forecasting-Workshop geschult.
Eine der häufigsten Fragen, die mir Klientinnen und Klienten zu OKR stellen: “Theo, hast du mal ein gutes OKR-Beispiel für mich?” Gerade für Unternehmen, die am Anfang ihrer OKR-Reise stehen, ist das Thema OKR ohne konkrete Beispiele zu abstrakt und theoretisch. Und bei OKR im Finanzbereich ganz besonders.
In diesem Artikel gebe ich Ihnen fünf konkrete Beispiele für Objectives aus dem Finanzwesen und jeweils drei messbare Key Results. Nutzen Sie diese OKR-Beispiele als Orientierung und kopieren Sie diese nicht. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausgangssituation des Beispiel-OKR genau Ihrer aktuellen Situation gleicht, ist gering. Nehmen Sie diese OKR-Beispiele vielmehr als Anregung und formulieren Sie Ihre eigenen OKR.
5 Beispiele für OKR im Finanzbereich
OKR-Beispiel 1: Umsatzprognose
Das Szenario ist folgendes: Ein Unternehmen ist stark gewachsen und erfolgreich am Markt. Zugunsten von Geschwindigkeit hat es bislang wenig Fokus auf Prozesse gelegt. Eine Nebenwirkung davon: Es fällt schwer, zuverlässige Umsatzprognosen zu treffen. Dieses Thema wollen Sie in diesem Quartal in Angriff nehmen.
Objective: Wir haben eine zuverlässige Umsatzprognose für die kommenden vier Quartale.
Key Result 1: Wir haben ein wöchentliches Forecast-Meeting mit allen Projektmanagern etabliert (12 Termine).
Key Result 2: 100 % der Projekte werden im neuen Excel-basierten Tracking-Tool erfasst.
Key Result 3: Wir haben alle Projektmanager in einem 2-tägigen Forecasting-Workshop geschult.
OKR-Beispiel 2: Kapitalbeschaffung
Szenario: Ihr Start-Up braucht zusätzliches Kapital, damit es in neue Märkte expandieren kann.
Objective: Wir haben eine neue Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen.
Key Result 1: Wir haben mit 30 der Top 100 VC Unternehmen für unsere Branche Gespräche geführt.
Key Result 2: Wir haben mindestens 3 Term Sheets zu unseren Mindestkonditionen erhalten.
Key Result 3: Wir haben mindestens 10 Millionen Euro an Funding eingesammelt.
OKR-Beispiel 3: Kostenreduzierung
Szenario: Ihr Start-Up ist im vergangenen Jahr stark gewachsen und hat seine Belegschaft knapp verdoppelt. Die Büroflächen sind knapp und teuer, deshalb möchten Sie Ihre Mietkosten reduzieren.
Objective: Die Hälfte unserer Mitarbeitenden arbeitet regelmäßig von zuhause, so können wir unsere Bürokosten reduzieren.
Key Result 1: Alle Mitarbeitenden wurden bis Ende Q3 mit Laptops und den nötigen Programmen ausgestattet.
Key Results 2: Wir halten mindestens 80% unserer Meetings virtuell per Zoom oder Telefon ab.
Key Result 3: Wir haben ⅓ unserer Bürofläche untervermietet und erzielen damit zusätzliche Einnahmen.
OKR-Beispiel 4: Accounting
Szenario: Ihr Start-Up hat sein Accounting und Finanzreporting in den ersten Jahren von einem externen Dienstleister übernehmen lassen. Nun möchten Sie diese Bereiche im eigenen Haus aufbauen.
Objective: Wir haben die Prozesse und technischen Voraussetzungen geschaffen, um unser Accounting und Finanzreporting inhouse zu erledigen.
Key Result 1: Wir haben drei neue Mitarbeitende im Finanzteam eingestellt.
Key Result 2: Wir haben eine Reportingstruktur aufgebaut, die wir nahtlos in unser ERP-System integrieren können.
Key Result 3: Das gesamte Finanzteam ist im neuen Reporting-Tool geschult.
OKR-Beispiel 5: Budgetplanung
Szenario: Ihre Budgetplanung hat im vergangenen Jahr 16 Wochen gedauert und unnötig viele Ressourcen im Team gebunden. Das soll sich ändern.
Objective: Wir haben nach maximal 10 Wochen ein abgestimmtes und freigegebenes Jahresbudget.
Key Result 1: Alle Budgetverantwortlichen sind im neuen Budgetierungsprozess geschult.
Key Result 2: Wir haben die Budgetvorschläge aller Bereiche bis Mitte Q3 geprüft.
Key Result 3: Das finale Budget ist bis [Zeitpunkt] von allen Verantwortlichen freigegeben.
Problem: Wir denken zu stark in Input statt Outcome
Unsere Arbeitsweise ist traditionell Input-getrieben. Was geben Sie rein, was tun Sie? Bei OKR geht es jedoch nicht darum, was Sie tun (Aufgabe, Task, Todo), und auch nicht darum, was Sie dafür alles benötigen (Mittel, Input, Zutaten), sondern was dabei rauskommt (Output, Resultat, Ergebnis) und was Sie damit eigentlich erreichen wollen (Outcome, Ziel, Purpose).
Ein Beispiel für ein Key Result, das den Input statt Outcome beschreibt: “Wir haben drei Onboarding-Features für unsere Kunden entwickelt.”
Es geht aber nicht darum, was Sie den ganzen Tag lang tun, welche Features Sie entwickeln, welche Produkte Sie auf den Markt bringen. Fragen Sie sich stattdessen, was Sie mit diesen Mitteln erreichen wollen und wie Sie den Erfolg davon messen können.
Eine bessere Formulierung des obigen Beispiels wäre etwa: “80% der Neukunden haben das Onboarding innerhalb von 10 Tagen erfolgreich abgeschlossen.”
OKR helfen, Ziele messbar zu formulieren
Was Sie mit OKR erreichen können, ist eine Verschiebung Ihrer Denkweise: weg von Input, Aufgaben, Tasks und Todos, hin zu Output und letztendlich dem Outcome. Und optimalerweise dient Ihr Ergebnis nicht nur einem Selbstzweck oder der Befriedigung Ihres Vorgesetzten, sondern zahlt auf das übergeordnete Unternehmensziel, den Purpose, ein. Das ist dann Ihr Outcome, sprich: Ihr Objective.
Objectives sollen inspirieren, Bilder im Kopf herstellen, im Gedächtnis bleiben. Sie zeigen den Wunsch-Zustand am Ende des Quartals, den Sie erreichen wollen. Key Results sind die Ergebnisse dazu, mit denen Sie messen können, ob sie Ihr Ziel erreicht haben.
Häufig dient ein Key Result als Tacho oder Stoppuhr für Ihr Objective. Haben Sie Ihr Ziel ganz erreicht, oder sogar übererfüllt? Oder sind Sie Ihrem Ziel nah gekommen, aber eben nur zu 70 Prozent? Damit Sie am Ende wissen, wie nah Sie Ihrem Objective gekommen sind, müssen Ihre Key Results eindeutig messbar sein. Oder wie Marissa Mayer, Ex-Google Top-Managerin, es auf den Punkt bringt: “If it doesn’t have a number, it’s not a key result.”
Zehn Tipps, wie Sie nie wieder schlechte OKR formulieren
Hier nochmal zusammengefasst die wichtigsten Punkte, die gute OKR ausmachen.
Ein gutes Objective ist
- das eine wichtige Fokus-Thema in diesem Quartal.
- in sich abgeschlossen.
- selbstwirksam erreichbar.
- inspirierend.
- kein Evergreen!
Gute Key Results sind
- klar messbar und beinhalten eine Zahl und/oder Einheit.
- unabhängig voneinander erreichbar.
- Ergebnisse, keine To Dos.
- eindeutig und konkret formuliert.
- Teamarbeit und werden immer gemeinsam mit den Menschen erarbeitet, die sie erreichen sollen.
Fazit
Trauen Sie sich, Ihre ersten OKR zu formulieren. Die Formulierungen sind ja nicht in Stein gemeißelt. Sie können diese jederzeit im Team präzisieren und konkretisieren, falls Unklarheiten auftreten. Und bei der Retrospektive am Ende des OKR-Zeitraums entscheiden Sie gemeinsam, wie Sie Ihren OKR-Weg weiter gestalten möchten. Wichtig ist, dass Sie anfangen.
Jeder Anfang ist schwer. Dass Fehler passieren, ist auch klar. Meiner Erfahrung nach dauert es drei bis vier Quartale, bis OKR so richtig wirksam werden. Aber keine Scheu! Bleiben Sie dran und haben Sie etwas Geduld mit sich und Ihrem Team. Ausdauer lohnt sich!