Start-ups in der Wachstumsphase haben alle dasselbe Problem
Die Gründer setzen sich mit ihren Investoren ambitionierte Wachstumsziele. Jede Phase bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Diese meistern Gründer nur, wenn sich ihr Team schnell und kontinuierlich an diese neuen Anforderungen anpasst. Gerade Erstgründern und jungen Start-ups fehlt es jedoch an Erfahrung, Zeit und Wissen, wie sie ihr Team durch diese Veränderungen navigieren können.
Ich habe als Teil des Leadership Teams eines erfolgreichen E-Commerce Start-ups am eigenen Leib erfahren, welche Wachstumsschmerzen Hyper Growth Phasen mit über 100 % Umsatzwachstum im Jahr mit sich bringen. Mithilfe von OKR konnten wir
- die passenden Mitarbeiter finden,
- unsere Prozesse an das schnelle Wachstum der Organisation anpassen,
- unterschiedliche Stakeholder-Interessen in Einklang bringen,
- und trotz der enormen Arbeitslast dafür sorgen, dass das Team nicht ausbrennt.
Mit dieser Erfahrung habe ich seit 2017 über 80 Gründerteams dabei geholfen, ihr Wachstum aktiv zu gestalten, ihre ambitionierten Ziele zu erreichen und nachhaltig erfolgreich zu sein.
Zu viele Start-ups scheitern am eigenen Wachstum
Die Wachstumsphase ist eine der kritischsten im Lebenszyklus von Start-ups: Go big or go home. Was Gründer in dieser Phase brauchen, sind klare und messbare Ziele, die sich von der Vision und Mission ihres Unternehmens ableiten und auf die ihre Teams mit gebündelten Ressourcen hinarbeiten können.
Viele Start-ups scheitern genau an diesem Punkt. Sie arbeiten an zu vielen nicht abgestimmten, unklaren Zielen und büßen damit an Schlagkraft ein. Die Organisation wird schwerfällig und unflexibel, und von den ambitionierten Wachstumszielen bleibt am Ende nur Ernüchterung.
OKR bringen Klarheit, Alignment und Fokus auf Ziele
Eine wirkungsvolle Methode, um Growth Start-ups erfolgreich durch solche intensiven Wachstumsphasen zu führen, sind Objectives and Key Results, kurz OKR. Die Benefits von OKR:
- Ihr Team arbeitet fokussiert auf abgestimmte Unternehmensziele hin.
- Ihr Management trifft bessere Entscheidungen, die auf diese Ziele einzahlen.
- Jedes Teammitglied weiß, wie es mit seiner Arbeit zum Erreichen der Unternehmensziele beiträgt und ist motivierter und engagierter bei der Sache.
Problem 1: Schlecht formulierte Key Results
Objectives beschreiben, “WAS” Sie erreichen wollen (das Ziel).
Key Results, “WIE” Sie messen, ob sie erfolgreich sind (Stoppuhr).
Damit Sie am Ende wissen, wie nah Sie Ihrem Ziel gekommen sind, müssen Ihre Key Results eindeutig messbar sein. Oder wie Marissa Mayer, Ex-Google Top-Managerin, es auf den Punkt bringt: “If it doesn’t have a number, it’s not a key result.”
Checkliste für gute Key Results
- Ist das Key Result klar messbar: Zahl und Messwert
- Sind die Key Results (eines Objectives) unabhängig?
- Weniger ist mehr: max. 4-5 Key Results pro Objective
- Mehr Outcome statt Input
Beispiele
Schlechte Formulierung | Bessere Formulierung |
“Wir holen regelmäßig Kunden-Feedback ein.” Problem: nicht konkret messbar | “Wir haben mit 30% der Kunden in diesem Quartal ein Feedback-Gespräch geführt.” |
“Wir haben 3 Features für das Onboarding unserer Kunden entwickelt.” Problem: Input statt Outcome | “80% der Neukunden haben das Onboarding innerhalb von 10 Tagen erfolgreich abgeschlossen.” |
“Die Abwrackprämie für Websites kommt.” Problem: Nicht selbst beeinflussbar | “Auf unsere Marketingkampagne ‘Abwrackprämie für Ihre alte Website’ konnten wir 100 Leads generieren.” |
“Wir analysieren den Website-Traffic.” Problem: Aufgabe statt Ziel | “Die Bounce Rate auf der Startseite ist von 45% auf 35% gesunken.” |
“Wir ziehen 1000 Besucher auf unsere Startseite, 600 davon schauen sich eine Produktseite an, 350 legen ein Produkt in ihren Warenkorb und 50 davon kaufen das Produkt.” Problem: Abhängigkeiten zwischen den Key Results. Wenn ein Key Result scheitert, scheitern wahrscheinlich mehrere. | “Wir haben die Clickthrough Rate von der Warenkorb-Seite zur erfolgreichen Kaufabschluss-Seite von 14% auf 20% erhöht.” |
Problem 2: Keine regelmäßigen Check-Ins
OKRs sind keine Neujahrsvorsätze, die nach einem Monat wieder in der Schublade verschwinden. Die Fokusziele und Schlüsselergebnisse sollen zu einem festen Bestandteil in Ihrer Unternehmenskultur werden und in regelmäßigen Abständen abgefragt, hinterfragt und ggf. angepasst werden. So stellen Sie sicher, dass Ihre OKRs keine Lippenbekenntnisse bleiben:
Regelmäßige Check-Ins
Machen Sie regelmäßige Check-Ins, idealerweise wöchentlich (15 min reichen). Nutzen Sie wenn möglich Ihr bestehendes Team-Meeting. Prüfen Sie gemeinsam in einem sicheren Rahmen Ihren Fortschritt, würdigen Sie Teilerfolge und treffen Sie rechtzeitig Entscheidungen.
Monatliches Feedback
Fragen Sie einmal im Monat Ihre Direct Reports im 1:1 nach ihrer persönlichen Einschätzung, wie es um ihre Teamziele bestellt ist. Fragen Sie auch, wie Sie helfen können, damit das Team besser vorwärtskommt.
Regelmäßige Kommunikation
Kommunizieren Sie regelmäßig Zwischenstände, z.B. einmal im Monat in einem firmenweiten Slack-Post oder All Hands Meeting.
Problem 3: OKRs top-down implementieren
Häufig werden Teammitgliedern von oben herab Verantwortlichkeiten und Ziele diktiert. Das funktioniert nicht. Das Planen und Setzen von OKRs ist ein iterativer Prozess, der im Zusammenspiel von Führungskräften und ihren Teams GEMEINSAM erarbeitet wird. Denn die Kraft der OKRs liegt im starken Buy-In der Mitarbeiter, die sich aktiv an der Zielsetzung beteiligen.
Bewährt hat sich ein Mix aus Top-Down und Bottom-Up bei der Definition der Objectives. Die Key Results hingegen erarbeitet immer das Team selbst!
Vertrauen Sie Ihrem Team und helfen Sie ihm zu verstehen, wie es mit seiner Arbeit zum Erfolg des Unternehmens beitragen kann. Dieses Vertrauen bekommen Sie zurück durch hohe Motivation und Commitment Ihres Teams.
Problem 4: OKR an Bezahlung koppeln
OKR sind kein Instrument, um Mitarbeitende zu bewerten. OKR sind ein Management-Framework, um Teams auf gemeinsame Ziele zu fokussieren und auszurichten. Einen großen Teil ihrer Kraft nehmen OKRs aus den aspirativen bzw. Moonshot-Zielen: Dabei wird die Ziellinie über die eigentlichen 100 % des realistisch Erreichbaren hinaus verschoben.
Cover Your Ass Modus vermeiden
Mitarbeiter lassen sich darauf nur ein, wenn sie keine Nachteile daraus zu befürchten haben. Sind OKRs an Bonuszahlungen geknüpft, verfallen Mitarbeiter sofort in den natürlichen „Cover-my-ass“-Modus, der sie dazu treibt, sich möglichst niedrige Ziele zu stecken, die sie mit Sicherheit erreichen und ihren Bonus abgreifen.
Damit diese Moonshot-Ziele nicht zu unnötigen Frust und Resignation bei Ihrem Team führen, kennzeichnen Sie aspirative Ziele klar (angepeilte Zielerreichung 60-70 %) gegenüber operativen (angepeilte Zielerreichung 100 %) und kommunizieren Sie, was Sie damit bei Ihrem Team erreichen möchten (über sich hinauswachsen).
Kulturelle Unterschiede bedenken
Amerikanische Unternehmen sind es gewohnt, mit so hoch angesetzten Zielen umzugehen und sehen 70 % Zielerreichung bereits als großartige Leistung an. Mitarbeiter in Deutschland sehen sich schnell als Verlierer, wenn sie nicht immer 100 % ihrer Ziele erreichen. Hier ist ein wenig Fingerspitzengefühl beim Definieren und Kommunizieren dieser Ziele gefordert.
Problem 5: Zu viele OKR
OKR sind keine To-Do-Listen, auf die Sie alles schreiben, was Sie in Ihrem Team so treiben. In OKRs halten Sie fest, was Sie mit Ihren Aktivitäten konkret erreichen möchten. Und zwar die Ergebnisse, die am stärksten auf Ihre Unternehmensvision und Mission einzahlen, und die damit die höchste Priorität haben. Hier gilt ganz klar: Weniger ist mehr.
Dabei hilft es, sich die Frage zu stellen:
Wenn wir dieses Quartal nur 1 Ziel erreichen könnten, welches wäre das?
Es ist gerade im ersten Jahr besser, mit 2-3 ambitionierten OKRs pro Zyklus zu beginnen, dabei den Fokus zu behalten und den Umgang mit OKRs zu lernen, bis Sie und Ihr Team genügend Sicherheit und Expertise aufgebaut haben.
Wenn sich ein Team mehr als 5 Objectives mit mehr als 4-5 Key Results vornimmt, führt das fast immer zu einem Verlust an Fokus und Energie.
Erfolg auf Autopilot mit OKRs
OKRs sind das Betriebssystem, mit dem Ihr Unternehmen erfolgreich wachsen kann. Stellen Sie sich bitte Folgendes vor: Sie haben Ihr Unternehmen auf ein klares Wachstumsziel ausgerichtet und konkrete Ergebnisse definiert, die dieses Ziel messbar machen. Ihre Teams haben eigene Ziele und Ergebnisse daraus abgeleitet und arbeiten fokussiert daran, sie zu erreichen.
Alle im Unternehmen wissen, welche Ziele Sie gemeinsam erreichen wollen und wie sie täglich einen Beitrag dazu leisten können.
OKR nimmt Stress aus dem Unternehmertum
Sie verschwenden keine wertvolle Zeit mit operativen Aufgaben, sondern können sich um die wirklich wertstiftenden Tätigkeiten in Ihrem Unternehmen kümmern. Eine zusätzliche Upside: Keine 80 Stunden Wochen mehr, mehr Zeit für Privates, weniger Stress im Tagesgeschäft und eine Firma, auf die Sie stolz sein können.